Aufgabe 1: Spannung eines Wechselstromgenerators

Der Rotor eines mit der Netzfrequenz der USA (\(f = 60 \; Hz\)) arbeitenden Wechselstromgenerators rotiert in einem Magnetfeld von \(B = 0.15 \; T\). Die Fläche der Spule sei \(A = 2 \cdot 10^{−2} \; m^2\). Aus wie vielen Schleifen muss die Spule bestehen, damit sie eine Spitzenspannung von \(U = 170 \; V\) erreicht ?

Hintergrund: Wirkungsweise des Generators

Eine metallische Leiterschleife bzw. eine Spule wird in einem Magnetfeld bewegt. Die Bewegung kann z.B. durch eine Dampfturbine oder einfach durch Wind (Windkraftanlage) erzeugt werden. In der Leiterschleife befinden sich freie Ladungsträger (Elektronen). Da sich die Ladungsträger in einem Magnetfeld bewegen, erfahren sie eine Lorentzkraft \(F_L = q \cdot ( \vec{v} \times \vec{B})\). Dadurch werden sie in Bewegung gesetzt, eine Spannung wird induziert und es fließt ein Strom. Letztendlich wird also mechanische Energie (Drehbewegung) in elektrische Energie umgewandelt.
Alternativ kann auch die Leiterschleife (Spule) fest installiert sein und der Magnet gedreht werden. Wichtig ist nur, dass sich die Ladungsträger relativ zum Magnetfeld bewegen.

Lösung:

Die von einem Wechselstromgenerator erzeugte Spannung hat einen sinusförmigen zeitlichen Verlauf:

\[ U(t) = N \cdot B \cdot A \cdot \omega \cdot \sin(\omega \cdot t) \] Hier sind:

Die Amplitude \(U_0\) der Sinuskurve hat also den Betrag:

\[ U_0 = N \cdot B \cdot A \cdot \omega = N \cdot B \cdot A \cdot 2 \cdot \pi \cdot f \]

Wir stellen nach \(N\) um (alle anderen Größen sind gegeben):

\[ N = \frac{U_0}{B \cdot A \cdot 2 \cdot \pi \cdot f} = \frac{170 \; V}{0.15 \; T \cdot 2 \cdot 10^{−2} \; m^2\cdot 2 \cdot \pi \cdot 60 \; s^{-1}} \approx 150 \] Einheiten: Tesla: \(T = Vs/m^2\)

Der Generator muss also 150 Windungen haben, damit die Maximalspannung \(170 \; V\) beträgt.

voltage <- function(t, N, B, A, omega) U = N*B*A*omega*sin(omega*t)

N = 150           # number of turns of the coil 
B = 0.15          # magnetic flux in Tesla
A = 2e-2          # area of the coil in square meters
f = 60            # frequency in Hz = 1/s
omega = 2*pi*f    # angular frequency   

T = 1/f           # period
t = seq(0, 4*T, length = 201)
mtxt = "AC Generator Voltage"
plot(t, voltage(t, N, B, A, omega), type = "l", lwd = 1.5, col = "blue", 
     xlab = "time / s", ylab = "voltage / V", main = mtxt, font.main = 1)


Aufgabe 2: Die Maxwellschen Gleichungen

Nenne die Maxwellschen Gleichungen und gib kurz die Bedeutung jeder Gleichung mit wenigen Stichworten wieder.

Wikipedia: Maxwell-Gleichungen

1. Maxwellsche Gleichung (Induktionsgestez)

Differentielle Schreibweise:

\[ \text{rot} (\vec{E}) = - \frac{d \vec{B}}{dt} \]

Integrale Schreibweise:

\[ \oint_s \vec{E} \cdot d\vec{s} = - \frac{d}{dt} \int_A \vec{B} \cdot d \vec{A} \]

Hier sind:

Die integrale Schreibweise folgt aus der differentiellen Schreibweise durch Integration über die Fläche \(d \vec{A}\) und anschließende Anwedung des Integralsatzes von Stokes (siehe Anhang) auf den Term \(\text{rot} (\vec{E})\).

Erklärung: Die zeitliche Veränderung der magnetischen Flussdichte \(\vec{B}\) durch eine Fläche \(\vec{A}\) erzeugt in der Berandung \(\vec{s}\) dieser Fläche ein elektrisches Feld (eine elektrische Randspannung).

Bemerkung: Die Rotation (\(\text{rot}\)) eines Vektors beschreibt dessen Wirbelstärke.


2. Maxwellsche Gleichung (Durchflutungsgesetz)

Differentielle Schreibweise:

\[ \text{rot} (\vec{H}) = \frac{d \vec{D}}{dt} + \vec{J} \]

Integrale Schreibweise:

\[ \oint_s \vec{H} \cdot d\vec{s} = \int_A \left( \frac{d \vec{D}}{dt} + \vec{J} \right)\cdot d \vec{A} \]

Hier sind:

Die integrale Schreibweise folgt aus der differentiellen Schreibweise durch Integration über die Fläche \(d \vec{A}\) und anschließende Anwedung des Integralsatzes von Stokes (siehe Anhang) auf den Term \(\text{rot} (\vec{H})\).

Erklärung: Der durch die Fläche \(\vec{A}\) fließende Gesamtstrom (Verschiebungsstrom \(d\vec{D}/dt\) und Leitungstrom \(\vec{J}\)) erzeugt in der Berandung \(\vec{s}\) ein magnetisches Feld (eine magnetische Randspannung).


1. Zusatzaxiom

Differentielle Schreibweise:

\[ \text{div}(\vec{D}) = \rho \]

Integrale Schreibweise:

\[ \oint_A \vec{D} \cdot d \vec{A} = q \]

Hier sind:

Die integrale Schreibweise folgt aus der differentiellen Schreibweise durch Integration über das Volumen \(V\) und anschließende Anwedung des Integralsatzes von Gauß (siehe Anhang) auf den Term \(\text{div} (\vec{D})\).

Die Ladung ist mit der Ladungsdichte über ein Volumenintegral verknüpft:

\[ q = \int \rho \cdot dV \]

Erklärung: Dieses Axiom sagt aus, dass die elektrischen Ladungen die Quellen (oder Senken) der elektrischen Flussdichte sind.
Zur integralen Schreibweise: die elektrische Flussdichte, welche durch eine Oberfläche \(\vec{A}\) geht, wird durch die Gesamtladung innerhalb dieser Oberfläche verursacht.

Bemerkung: Die Divergenz (\(\text{div}\)) eines Vektors beschreibt dessen Quellenstärke.


2. Zusatzaxiom

Differentielle Schreibweise:

\[ \text{div}(\vec{B}) = 0 \]

Integrale Schreibweise:

\[ \oint_A \vec{B} \cdot d \vec{A} = 0 \]

Hier ist:

Die integrale Schreibweise folgt aus der differentiellen Schreibweise durch Integration über das Volumen \(V\) und anschließende Anwedung des Integralsatzes von Gauß (siehe Anhang) auf den Term \(\text{div} (\vec{B})\).

Erklärung: Das 2. Axiom sagt aus, dass das magnetische Feld quellen- und senkenfrei ist. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass keine magnetischen Monopole existieren, sondern magnetische Felder nur durch bewegte Ladungen erzeugt werden können (gemäß der 2. Maxwellschen Gleichung). Magnetische Feldlinien sind stets geschlossen. Auch wenn z. B. ein Stabmagnet mit Nord- und Südpol gezeichnet wird, so verlaufen die Magnetfeldlinien als geschlossene Linien durch den gesamtem Magneten.


Materialgleichungen

Die Materialgleichungen verknüpfen \(\vec{D}\) mit \(\vec{E}\), \(\vec{B}\) mit \(\vec{H}\) sowie \(\vec{J}\) mit \(\vec{E}\). Wie der Name sagt, hängen sie von Materialkonstanten ab, in denen sich das Feld ausbreitet, nämlich von der Permittivität \(\varepsilon = \varepsilon_r \cdot \varepsilon_0\) und der magnetischen Permeabilität \(\mu = \mu_r \cdot \mu_0\) eines Materials. Die Konstanten beschreiben, wie elektrische und magnetische Felder durch Materialien modifiziert werden, z. B. durch Polarisation. Im Vakuum sind \(\varepsilon_r = 1\) und \(\mu_r = 1\), in Luft gilt das in sehr guter Näherung (siehe Tabelle unten auf dieser Seite).

\[ \begin{align*} \vec{D} &= \varepsilon_r \cdot \varepsilon_0 \cdot \vec{E} \\[6pt] \vec{B} &= \mu_r \cdot \mu_0 \cdot \vec{H} \\[6pt] \vec{J} &= \sigma \cdot \vec{E} \end{align*} \] Hier ist \(\sigma\) die elektrische Leitfähigkeit.

Hier noch einmal eine Zusammenfassung, kopiert bei Wikipedia:


Spezialfall: Die Maxwell-Gleichungen im Vakuum

Im Vakuum (und in sehr guter Näherung auch in Luft) sind \(\varepsilon_r = 1\) und \(\mu_r = 1\) (siehe Tabelle unten auf dieser Seite). Damit vereinfachen sich die Materialgleichungen zu:

\[ \begin{align*} \vec{D} &= \varepsilon_0 \cdot \vec{E} \\[6pt] \vec{B} &= \mu_0 \cdot \vec{H} \\[6pt] \vec{J} &= \sigma \cdot \vec{E} \end{align*} \]

Da die elektrische Feldkonstante \(\varepsilon_0\) und die magnetische Feldkonstante \(\mu_0\) Konstanten sind, vereinfachen sich die Maxwellschen Gleichungen, man kann sie nur mit \(\vec{E}\) und \(\vec{H}\) ausdrücken. So kann man z.B. umformen:

\[ \begin{align*} \text{div}(\vec{D}) &= \rho \\[6pt] \text{div}(\varepsilon_0 \cdot\vec{E}) &= \rho \hspace{0.5cm} \Bigg| \hspace{0.5cm} \text{teile durch} \;\varepsilon_0 \\[6pt] \text{div}(\vec{E}) &= \frac{\rho}{\varepsilon_0} \end{align*} \]

Die Vakuum-Gleichungen lauten nun:

\[ \begin{align*} \text{rot} (\vec{E}) &= - \mu_0 \cdot \frac{d \vec{H}}{dt} \\[6pt] \text{rot} (\vec{H}) &= \varepsilon_0 \cdot\frac{d \vec{E}}{dt} + \vec{J} \\[6pt] \text{div}(\vec{E}) &= \frac{\rho}{\varepsilon_0} \\[6pt] \text{div}(\vec{H}) &= 0 \end{align*} \] Wenn ein Fluss von Ladungsträgern vorliegt, kommt noch \(\vec{J} = \sigma \cdot \vec{E}\) hinzu. Allerdings ist das oft nicht der Fall (z.B. bei der Lichtrausbreitung), so dass der \(\vec{J}\)-Term in der zweiten Gleichung auch noch wegfällt.


Anhang


Gaußscher Integralsatz

Ein Volumenintegral über die Divergenz eines Vektorfeldes ist gleich dem Oberflächenintegral über dieses Vektorfeld. Die Oberfläche ist dabei genau die Berandung des genannten Volumens:

\[ \int_V \text{div} (\vec{B}) \; dV= \oint_A \vec{B} \cdot d\vec{A} \] Hier sind \(\int_V \ldots dV\) ein Integral über das Volumen \(V\) und \(\oint_A \ldots d\vec{A}\) ein Integral über die geschlossene Berandung \(A\) dieses Volumens.

Mit einfachen Worten: “Alles, was an Vektorfeld in einem bestimmten Volumen erzeugt (vernichtet) wird, muss auch durch die begrenzende Oberfläche abfließen (zufließen)”. Strömt z. B. Wasser aus einer Quelle, so muss die gleiche Menge Wasser aus der Umrandung der Quelle abfließen.

Verallgemeinerung für beliebige Dimensionen bei Wikipedia.


Stokescher Integralsatz

Ein Flächenintegral über die Rotation eines Vektorfeldes ist gleich dem Linienintegral über die Randkurve dieser Fläche:

\[ \int_A \text{rot} (\vec{E}) \cdot d\vec{A}= \oint_S \vec{E} \cdot d\vec{s} \]

Hier sind \(\int_A \ldots d\vec{A}\) ein Integral über die Fläche \(A\) und \(\oint_S \ldots d\vec{s}\) ein Kurvenintegral über die geschlossene Berandung \(s\) dieser Fläche.

Mit einfachen Worten: “Die Wirbel im Inneren der Fläche heben sich gegenseitig auf, die Wirbel auf der Berandung tragen zum Linienintegral bei”.

Verallgemeinerung für beliebige Dimensionen bei Wikipedia.


uwe.menzel@matstat.org