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Aufgabe 1: Bindungsenergie und Massendefekt

Aufgabe : Erkläre den Zusammenhang zwischen Bindungsenergie der Nukleonen im Atomkern und Massendefekt.

Der Massendefekt \(\Delta m\) ist die Differenz zwischen der Summe der Massen der freien Protonen und Neutronen einerseits und der Masse des Atomkerns andererseits:

\[ \Delta m = Z \cdot m_{\text{Proton}} + N \cdot m_{\text{Neutron}} - m_{\text{Kern}} \] Hier sind:

Der Massendefekt \(\Delta m\) wird bei der Bildung des Atomkerns aus freien Protonen und Neutronen in Form von Energie freigesetzt. Das heißt also, dass bei der Bildung des Atomkerns Masse in Energie umgewandelt wird. Die Umwandlung erfolgt gemäß der Beziehung

\[ E = \Delta m \cdot c^2 \hspace{1.5cm} (1) \]

Diese Formel steht für die Äquivalenz von Masse und Energie. und widerlegt die als Massenerhaltungssatz bekannte Annahme der klassischen Physik. Je größer der Massendefekt pro Nukleon ist, desto stabiler ist der Atomkern.

Um den Atomkern wieder in seine einzelnen Protonen und Neutronen zu zerlegen, muss die gleiche Energiemenge, die sogenannte Bindungsenergie aufgewendet werden.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass Bindungsenergie \(E\) und Massendefekt \(\Delta m\) über die Formel (1) zusammenhängen.

Beispiel: Helium-4-Kern (\(^4He\)), bestehend aus 2 Protonen und 2 Neutronen:

Der Massendefekt bei der Bildung des Helium-4-Kerns beträgt also:

\[ \begin{align*} \Delta m &= 2 \cdot m_{\text{Proton}} + 2 \cdot m_{\text{Neutron}} - m_{\text{Helium}} \\[6pt] &= 2 \cdot 1.67262192595 \cdot 10^{-27} \; kg + 2 \cdot 1.67492750056\cdot 10^{-27} \; kg - 6.646476998337 \cdot 10^{-27} \; kg \\[6pt] &= 4.8621854683 \cdot 10^{-29} \; kg \end{align*} \]

Die Bindungsenergie ist damit:

\[ E = \Delta m \cdot c^2 = 4.8621854683 \cdot 10^{-29} \; kg \cdot \left( 3 \cdot 10^8 \; m/s \right)^2 = 4.37596692147 \cdot 10^{-12} \; J \]

Einheiten: Joule: \(J = Nm = kg \cdot m^2/s^2\)


Aufgabe 2: Zerfall radioaktiver Isotope

Aufgabe : Das radioaktive Isotop \(^{14}C\) zerfällt mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren. Es wird in der Atmosphäre durch Wechselwirkung von \(^{12}C\) mit kosmischer Strahlung gebildet. In der Atmosphäre ist die Menge an \(^{14}C\) konstant. Versuche, über die Differentialgleichung zum radioaktiven Zerfall \(dN(t)/dt = - \lambda \cdot N\) zu begründen, wieso.

Der Zerfall von \(^{14}C\) in der Atmosphäre erfolgt gemäß folgender Reaktionsgleichung:

\[ ^{14}C \rightarrow \; ^{14}N + \beta^- + \overline{\nu}_e \] Hier sind:

Die Zerfallsrate \(dN_{C14}/dt\) ist proportional zur Menge des “Ausgangsproduktes” \(^{14}C\):

\[ \frac{dN_{C14}}{dt} = - \lambda_1 \cdot N_{C14} \hspace{1.5cm} (2) \] Hier sind:


Die Produktion von \(^{14}C\) in der Atmosphäre erfolgt gemäß folgender Reaktionsgleichung:

\[ ^{14}N + n \rightarrow \; ^{14}C + p \] Hier sind:

Die Produktionsrate \(dN_{C14}/dt\) ist proportional zur Menge des “Ausgangsproduktes” \(^{14}N\):

\[ \frac{dN_{C14}}{dt} = \lambda_2 \cdot N_{N14} \hspace{1.5cm} (3) \]

Hier sind:

Bemerkung: Es wird angenommen, dass immer genügend Neutronen vorhanden sind, so dass dieses “Ausgangsprodukt” nicht in der Ratengleichung berücksichtigt werden muss.

Damit die Menge an \(^{14}C\) in der Atmosphäre konstant bleibt, muss die Summe beider Raten in Den Formeln (2) und (3) gleich Null sein, d.h. es muss die Zerfallsrate gleich der Produktionsrate sein:

\[ \lambda_1 \cdot N_{C14} = \lambda_2 \cdot N_{N14} \]

Der Zusammenhang zwischen der Halbwertszeit \(\tau\) und der Rate \(\lambda\) ist (siehe Anhang):

\[ \lambda = \frac{\ln{(2)}}{\tau} \]

Deshalb können wir statt der obigen Gleichung auch schreiben:

\[ \begin{align*} \lambda_1 \cdot N_{C14} &= \lambda_2 \cdot N_{N14} \\[6pt] \frac{\ln{(2)}}{\tau_1} \cdot N_{C14} &= \frac{\ln{(2)}}{\tau_2} \cdot N_{N14} \\[6pt] \tau_2 \cdot N_{C14} &= \tau_1 \cdot N_{N14} \end{align*} \] Wir wissen, dass \(\tau_1 = 5730\) Jahre beträgt. Damit muss für \(\tau_2\) (in Jahren) gelten:

\[ \tau_2 = 5730 \cdot \frac{N_{N14}}{N_{C14}} \]


Aufgabe 3: Zerfall von Kohlenstoff-Isotopen in tiefen Gesteinsschichten

Aufgabe (gekürzt): In tieferen Gesteinsschichten wird \(^{14}C\) nicht gebildet, die Menge nimmt dort kontinuierlich ab. Die Zerfallsrate nimmt mit abnehmender Stoffmenge ab (die Aktivität klingt ab). Bei einer Probe mit 200 g Kohlenstoff wird eine β-Zerfallsrate von 400 Zerfällen pro Minute gemessen. Bei Kohlenstoff in atmosphärischer Umgebung werden 15 Zerfälle pro Minute und Gramm Kohlenstoff gemessen. Wie alt ist die Probe?

Die Aktivität \(A\) eines radioaktiven Materials ist das Maß für die Anzahl der momentan in dem Präparat stattfindenden radioaktiven Zerfälle. Sie ist definiert durch

\[ A = - \frac{dN}{dt} = \lambda \cdot N \hspace{3.5cm} (4) \]

Der zeitliche Verlauf der Aktivität genügt folgender Gleichung (siehe Anhang)

\[ A(t) = A_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} = A_0 \cdot \left( \frac{1}{2} \right)^{\frac{t}{\tau}} \hspace{1.5cm} (5) \]

Hier sind:

Lösungsweg: Wenn wir also die momentane und anfängliche Aktivität, \(A(t)\) bzw. \(A_0\), haben sowie die Zerfallsrate \(\lambda\) oder die Halbwertszeit \(\tau\), können wir aus Gleichung (5) die vergangene Zeit \(t\) berechnen.

Wir nehmen an, dass die anfängliche Aktivität im Gestein mit der Aktivität in der Atmoshäre übereinstimmt, also 15 Zerfälle pro Minute und Gramm beträgt:

\[ A_0 = 15 \; min^{-1} \; g^{-1} \] Die augenblickliche Aktivität im Gestein beträgt laut Messung 400 Zerfälle pro Minute pro 200 Gramm, also 2 Zerfälle pro Minute und Gramm:

\[ A(t) = 2 \; min^{-1} \; g^{-1} \] Die Halbwertszeit von \(^{14}C\) beträgt \(\tau = 5730 \; a\) (\(a\) = Jahre).

Wir stellen Gleichung (5) nach \(t\) um:

\[ \begin{align*} A(t) &= A_0 \cdot \left( \frac{1}{2} \right)^{\frac{t}{\tau}} \\[6pt] \frac{A}{A_0} &= \left( \frac{1}{2} \right)^{\frac{t}{\tau}} \hspace{0.5cm} \Bigg| \hspace{0.5cm} \text{Logarithmieren} \\[6pt] \ln{ \left( \frac{A}{A_0} \right) } &= \frac{t}{\tau} \cdot \ln{\frac{1}{2}} \\[6pt] \frac{t}{\tau} &= - \ln{ \left( \frac{A}{A_0} \right) } \cdot 1.4427 \end{align*} \] Bemerkung: \(1/\ln{(0.5)} \approx -1.4427\)

Bemerkung: Wir haben \(\ln{(a^b)} = b \cdot \ln{a}\) benutzt.

Wir setzen nun die gemessenen Werte ein:

\[ \begin{align*} \frac{t}{\tau} &= - \ln{ \left( \frac{A}{A_0} \right) } \cdot 1.4427 \\[6pt] \frac{t}{\tau} &= - \ln{ \left( \frac{2 \; min^{-1} \; g^{-1}}{15 \; min^{-1} \; g^{-1}} \right) } \cdot 1.4427 \\[6pt] \frac{t}{\tau} &= 2.9 \\[6pt] t &= 2.9 \cdot \tau = 2.9 \cdot 5730 \; a \approx 16600 \; a \end{align*} \]

Das Alter des Gesteins würde demnach rund 16600 Jahre betragen.


Anhang

Lösung der Ratengleichung

Die Lösung der Differentialgleichung

\[ \frac{dN}{dt} = - \lambda \cdot N \hspace{2cm} (A1) \]

lautet:

\[ N(t) = N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} \hspace{1.5cm} (A2) \]

Hier ist \(N_0\) der Wert von \(N\) bei \(t=0\).

Die Lösung kann durch Trennung der Variablen gefunden werden.


Zusammenhang zwischen Zerfallsrate und Halbwertszeit

Die Halbwertszeit \(\tau\) ist die Zeit, bei der \(N(t)\) auf die Hälfte von \(N_0\) abgesunken ist. Wir setzen also in Gleichung (A2) \(t = \tau\) und \(N(t) = N_0/2\). Wir erhalten:

\[ \begin{align*} \frac{N_0}{2} &= N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot \tau} \hspace{0.5cm} \Bigg| \hspace{0.5cm} \text{Kürzen}\\[6pt] \frac{1}{2} &= e^{-\lambda \cdot \tau} \hspace{0.5cm} \Bigg| \hspace{0.5cm} \text{Logarithmieren}\\[6pt] \ln{(2^{-1})} &= -\lambda \cdot \tau \\[6pt] - \ln{(2)} &= -\lambda \cdot \tau \\[6pt] \tau &= \frac{\ln{(2)}}{\lambda} \hspace{2.0cm} (A3) \end{align*} \]

Zeitlicher Verlauf der Aktivität

Wir können die zeitliche Abnahme der Aktivität folgendermaßen berechnen. Wir gehen von Gleichung (A2) aus:

\[ N(t) = N_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} \]

Multiplikation beider Seiten mit \(\lambda\) ergibt dann, da \(A(t) = \lambda \cdot N(t)\):

\[ A(t) = A_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} \hspace{1.3cm} (A4) \]

Wir setzen nun noch \(\lambda = \ln{(2)}/\tau\) (Formel (A3)):

\[ \begin{align*} A(t) &= A_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} \\[6pt] A(t) &= A_0 \cdot e^{- \frac{\ln{(2)}}{\tau} \cdot t} \\[6pt] A(t) &= A_0 \cdot e^{- \ln{(2)} \cdot \frac{t}{\tau}} \\[6pt] A(t) &= A_0 \cdot \left( e^{- \ln{(2)}} \right)^{\frac{t}{\tau}} \\[6pt] A(t) &= A_0 \cdot \left( \frac{1}{2} \right)^{\frac{t}{\tau}} \end{align*} \]

Bemerkung: Es wurde \(e^{- \ln{(2)}} = 1/e^{\ln{(2)}} = 1/2\) und \(e^{a \cdot b} = (e^a)^b\) benutzt.

Hier ist \(t/\tau\) die Anzahl der vergangenen Halbwertzeiten bis zum Zeitpunkt \(t\).

Zusammenfassend können wir also schreiben:

\[ A(t) = A_0 \cdot e^{-\lambda \cdot t} = A_0 \cdot \left( \frac{1}{2} \right)^{\frac{t}{\tau}} \]


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